Zensur in Bitcoin

Dieser Artikel beschäftigt sich mit theoretischen Überlegungen und bereits praktizierten Wegen, wie Zahlungen und Adressen im Bitcoin-System zensiert oder sanktioniert werden können. Denn auch wenn oft von der Zensurresistenz des Bitcoins gesprochen wird, so handelt es sich hierbei nicht um die ganze Wahrheit. Wenngleich der gewöhnliche Nutzer von dem nachfolgenden nie betroffen sein wird, ist das teils theoretische Terrain doch interessant zu erkunden. Ob seiner vollständig transparenten Natur gibt es verschiedene Angriffsmöglichkeiten, um unliebsame Subjekte vom Zahlungsverkehr auszuschließen oder zu sanktionieren. Tauchen wir ein!

Wie kann man Bitcoin zensieren?

Nähern wir uns zuerst theoretisch dem möglichen Szenario der Zensur von Bitcoin. Bitcoin ist ein dezentrales Zahlungsnetzwerk, durch dessen Transparenz alle Zahlungen und alle (pseudonymen) Konten für jeden einsehbar sind. Wie müsste man vorgehen, um Zahlungen zu zensieren? Wenden wir uns dazu an diejenigen, die neue Zahlungen entgegennehmen und eintragen: die Knoten und Schürfer. Sind diese nicht anonym, können wir sie aufspüren und auf juristischer Ebene angreifen. Wenn sie ihr Geschäft fortsetzen möchten – was im Falle der Schürfer sehr wahrscheinlich ist – werden sie der Kooperation zugeneigt sein. Knoten werden sehr oft auch von Minern betrieben, somit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Durch die Transparenz der Datenbank ist es sehr einfach zu sagen, welche Adressen und Zahlungen von diesen zukünftig zurückgewiesen werden sollen. Dem ließe sich entgegnen, dass niemand auf einen einzelnen Knoten angewiesen ist: Wenn mich jemand zensieren möchte, dann nutze ich einfach den nächsten Knoten. Das System ist aber nicht perfekt: Läge ein Großteil der Netzwerkleistung in einem einzelnen Land oder in dessen Einflusssphäre und wäre juristischen Beschränkungen unterworfen, ist es wahrscheinlich, dass Zahlungen nicht eingetragen werden.

Die US-Amerikaner, die OFAC und SDN-Liste

Wenn wir von einer großen Einflusssphäre schreiben, denken Sie richtig, wenn Ihnen die Nachbarn von Übersee einfallen: In den USA gibt es eine dem US-Finanzministerium untergeordnete Behörde, die folgende Hauptaufgaben hat: Sie setzt Wirtschafts- und Handelssanktionen der USA gegen ausländische Organisation und Personen durch, verwaltet die Sanktionsliste namens SDN-Liste, überwacht die Finanztransaktion und sanktioniert Verstöße, indem sie Strafen verhängt und setzt so die US-amerikanische Außenpolitik auf Wirtschaftsebene durch. Diese Behörde heißt OFAC, was für Office of Foreign Assets Control. Diese Sanktionsliste beinhaltet Akteure, die in illegale Aktivitäten wie Terrorismus, Drogenhandel, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und anderen Bedrohungen für die USA verwickelt sind. „Andere Bedrohung“ kann sehr viel umfassen. In Summe alles, was den Amerikanern nicht in die Außenpolitik passt. Alle Amerikaner sind gezwungen, dieser Liste Folge zu leisten und nicht mit den darauf genannten Personen zu interagieren, ansonsten kann es zu empfindlichen Geldbußen oder Haftstrafen kommen. Ausnahmen gibt es dennoch, sonst wären die USA nicht die USA: Die OFAC stellt sogenannte General Licence aus, die es bestimmten Personen und Unternehmen erlauben, dennoch mit sanktionierten Entitäten Geschäfte abzuwickeln. Auch Unternehmen oder Personen, die nicht der US-Jurisdiktion unterworfen sind, sich aber in der Einflusssphäre der USA befinden – etwa die Europäische Union und anderen Länder mit US-Militärbasen – tun gut daran, sich an diese Liste zu halten. Andernfalls kommt es sonst zu sogenannten sekundären Sanktionen und auch diese Unternehmen bestraft werden. Beispielsweise durch das US-Finanzsystem, in dem ihnen der Zugang zu Liquidität oder Geschäften im amerikanischen Wirtschaftsraum oder mit US-Unternehmen verwehrt bleibt.

Die Cambrigde University geht davon aus, dass sich 37 % der Bitcoin-Netzwerkleistung in den USA befinden. Somit ist davon auszugehen, dass diese Schürfer OFAC-konform arbeiten. Das bedeutet nichts anderes, als dass sie sanktionierte Adressen, wenn sie diese Transaktion tätigen, ausgrenzen. Es gibt sogar Unternehmen, die damit werben, ofac-compliant zu arbeiten.
Als US-amerikanisches Mining-Unternehmen tun sie gut daran, sich an diese Regeln zu halten, denn um sich am Bitcoin-Mining effizient beteiligen zu können, sind sie gezwungen, sich an einem Pool anzuschließen, in dem eine große Hashrate gebündelt wird. All diese Pools bestehen darauf, dass sich neue Miner vollständig identifizieren. Somit ist die Anonymität der Poolbetreiber und Miner nicht mehr gegeben und sie sind als Person juristisch angreifbar.
Anders als bei Monero gibt es in Bitcoin keine Möglichkeit ein System zu nutzen, um dezentral Pool-Mining zu betreiben. P2pool in Monero ermöglicht es, dezentral zu schürfen und gleichzeitig die Vorteile eines Pools zu nutzen, um fortlaufend kleine Zahlung zu erhalten, anstatt auf das Finden eines Blockes zu warten. Eine Registrierung ist hierbei nicht notwendig. Mehr zum P2Pool-Mining finden Sie in diesem Beitrag.

Mögliche Zensur der Zukunft

Das war ein kurzer Abriss, wie bereits heute die Realität in Bitcoin aussieht, wie Bitcoin-Transaktionen und einzelne Adressen zensiert werden können. Schauen wir uns nun an, wie diese Mechanismen durch juristische Anpassung ausgeweitet werden können. Nehmen wir uns noch einmal die Aufgabe der OFAC her, die heißt illegale Aktivitäten zu sanktionieren. Das bedeutet, alles, was vom Gesetzgeber als illegal erklärt wird, kann auch sanktioniert, respektive zensiert werden.
Die CDU brachte im Dezember 2023 einen Vorschlag in den Finanzausschuss ein, nachdem Wallets und Adressen von Kryptowährungen vollständig neu reguliert werden sollten. Viel restriktiver als bisher, beispielsweise mit (informativem) Behördenzugang zu Wallets. Glücklicherweise wurde dieser Vorstoß im Finanzausschuss am 26. 6. 2024 abgelehnt.
Stellen Sie sich jetzt vor, diese strikte Regulierung hätte es zur Gesetzeskraft geschafft und Sie möchten von Ihrer selbstverwalteten und diesen Regularien sich nicht unterwerfenden Wallet an eine Kryptobörse, die in Deutschland sitzt, Ihre Bitcoin gegen Euro wechseln. Nun wird diese Kryptobörse prüfen, ob Sie alle Regularien erfüllt haben. Diese Prüfung scheitert und Ihr Guthaben wird beschlagnahmt oder Sie müssen Strafe zahlen. (Ich rate generell von Kryptobörsen der BRD ab.) Gehen wir einen Schritt zurück und gehen davon aus, dass Sie sich dieses Umstandes bewusst sind. Es ist möglich, dass Ihre Münzen und Ihre Adresse mit einem deutschen Konsumenten aufgrund Ihrer IP-Adresse, aufgrund Ihrer bisherigen Zahlungshistorie oder Ähnlichem verknüpft werden. Dafür gibt es sehr kompetente Krypto-Analysefirmen wie Chainalysis. Das könnte dazu führen, dass Ihre Münzen als tainted markiert werden: diese zu wechseln, beispielsweise auf einem Swapping-Dienst wie Unispwap oder Trocador.app würde ungleich schwerer bis unmöglich werden. Ihr Vermögen würde somit zumindest teilweise entwertet werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kriminalisierung bisher normaler Tätigkeiten der Willkür einer kleinen Minderheit unterliegt.

Wer stellt sich einer Zensur in Bitcoin entgegen?

Einer möglichen Zensur in Bitcoin kann nur das Menschenrecht auf Privatsphäre als wackeres Schild entgegentreten. Durch Anonymität ist es uns möglich, Sanktionen zu umgehen. Ein genauer Blick zeigt uns, dass es einige Entwickler und Programmierer gibt, die große Anstrengungen unternommen haben, die Privatsphäre in Bitcoin zu stärken. Unter anderem sogenannte Mixer-Dienste. Etwa die dezentralen Organisationen (DAO) Samurai Wallet oder Bitcoin Fog, Tornado Cash. Unglücklicherweise sind alle Gründer oder Hauptakteure dieser Organisationen in den USA festgenommen und angeklagt worden, einige bereits in allen Punkten schuldig gesprochen. Einer der Hauptanklagepunkte ist die Beihilfe zur Geldwäsche. Geldwäsche beschreibt die Verschleierung der Mittelherkunft von illegal erworbenen Geldern, beispielsweise durch Drogenhandel oder Schwarzarbeit. Ja, gewiss werden Mixer dafür verwendet, denn Mixer mischen, wie der Name sagt, Münzen unterschiedlicher Herkunft miteinander, sodass im Nachgang niemand mehr sagen kann, welche Münze welchen Ursprung hat. Auch Sie hätten Ihre eingefärbten „tainted“ Münzen vom Beispiel zu vor so umwandeln können. Aber auch das entgeht den all sehenden Augen der Analysefirmen nicht und würde zu einer schlechten Bewertung Ihrer Wallet führen.
An den Entwicklern der Mixer-Dienste wurde ein Exempel statuiert, um zu zeigen: Bitcoin ist transparent und bleibt transparent. Jeder, der die Privatsphäre von Bitcoin stärken möchte, wird hart bestraft.

Die Entwickler von Bitcoin selbst haben ein maximal geringes Interesse, die Privatsphäre von Bitcoin zu stärken. Ein Beispiel hebt das hervor, die sogenannten Stealth-Adressen: Einst für Bitcoin entwickelt, um die Rückverfolgbarkeit einer Zahlung zum Empfänger zu unterbrechen, wurde diese Technologie nie in Bitcoin implementiert, hat es dann aber in weiterentwickelte Form in die anonyme Kryptowährung Monero geschafft.

Gibt es Zensur in Monero?

Wenn es bereits der Realität entspricht, dass Bitcoin zensiert werden kann, gilt das dann auch für andere Kryptowährungen? Und wieder gewinnt die anonymisierte Blockchain-Technologie, denn in Monero ist es nicht möglich, Zahlungen zu zensieren, denn dazu müssten sie einzelne Zahlungen und Adressen in der Datenbank eindeutig identifizieren können. Bis heute sind keine anwendbaren Szenarien bekannt, mit deren Hilfe einzelne Adressen oder Zahlungen sanktioniert werden könnten. Selbst eine massive 51%-Attacke könnte nur dem Netzwerk als solchem schaden. RingCT – die Technologie, die die Beträge verschleiert – ist aktuell noch das schwächste Glied der Kette, wird aber in absehbarer Zeit durch ein neues System namens FCMP ersetzt.

Schlussfolgerungen

Wenn es darum geht, einer Tyrannis zu entfliehen, sind transparente Kryptowährungen das falsche Mittel. Denn Staaten und deren Handlangern entgeht mit ihren all-sehenden Augen nichts, Sie können jeden Zahlungsstrom durchleuchten und überwachen. Durch die technischen Gegebenheiten, als Miner Zahlungen und Adressen in der Datenbank eindeutig zuzuordnen, ist eine juristische Einflussnahme auf diese bedeutenden Organisationen sehr einfach. Bei anonymen Netzwerken ist dies ungleich schwerer. Der gewöhnliche Nutzer ist hiervon aktuell nicht betroffen. Die Vorstellung, dass es aber technisch möglich ist, sollte jedem zur Wachsamkeit rufen. In vielen Ländern wachsen seit langem Bestrebungen, immer mehr Kontrolle über die normalen Bürger zu gewinnen. Eine Schlinge, die sich langsam zuzuziehen scheint und die uns aktive Entscheidungen abverlangt. Wer eine Gesellschaft aus Angst vor der Freiheit ebendieser durch Kontrollsucht zu ersticken versucht, kann kein redlicher Mensch sein, sondern schadet dieser willentlich über alle Maßen. Unsere größte Chance, dem entgegenzutreten, ist, Privatsphäre als Schutzschild zu verwenden. Nach aktuellem Stand bietet dieses im digitalen Zahlungsverkehr nur Monero, nicht Bitcoin, SEPA oder diverse Zahlungsdienstleister.

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